Zunahme der Wohnungsbordelle – das gefährliche Geschäft mit dem Sex

In den letzten Jahren hat sich das Sexgewerbe von der Öffentlichkeit in private Wohnungen verscho­ben. Die Prostituierten mieten für eine bestimmte Zeit ein Zimmer in einem Wohnungsbordell zu über­höhten Untermietpreisen. Diese Verschiebung in den privaten Raum hat das Leben von Prostituierten nicht sicherer gemacht. Hierzu habe ich eine Interpellation eingereicht.

Seit der Einführung der Personenfreizügigkeit / EU Osterweiterung im Jahre 1999 hat sich die Prosti­tution stark gewandelt. Diese Grenzöffnung bewirkte, dass heute die Mehrheit der Prostituierten aus osteuropäischen Staaten wie Rumänien, Bulgarien und Ungarn stammen. Also aus den ärmsten Län­dern Europas. Man schätzt, dass 70 bis 80 % der Prostituierten aus diesen Ländern stammen. Dort werden die Frauen zum Teil schon als Mädchen in die Prostitution geführt, verfallen einem Loverboy oder haben aus ökonomischen Gründen schlicht keine andere Wahl, als sich ihren Lebensunterhalt mit der Prostitution zu verdienen. Die Frauen werden von den Fahrerorganisationen in reiche europäi­sche Länder, wie die Schweiz oder Deutschland, gebracht. In den meisten Fällen werden sie von ih­ren Zuhältern kontrolliert (Zuhälter kann auch Ehemann, Loverboy, Cousin, etc. sein). Unser liberales Prostitutionsgesetz in der Schweiz ist ein Nährboden für Menschenhandel und Aus­beutung und spielt den Menschenhändlern, Zuhältern, Bordell- und Wohnungsbordellbesitzern sowie anderen Profiteuren in die Karten. Nicht von ungefähr haben wir uns den Ruf eingefangen, zusammen mit Deutschland, als Bordell Europas bezeichnet zu werden. Diese Entwicklung macht auch vor der Stadt St. Gallen nicht halt. Menschenhandel und Prostitution ist heutzutage untrennbar miteinander verbunden.

In den letzten Jahren hat sich das Sexgewerbe von der Öffentlichkeit in private Wohnungen verscho­ben. Die Prostituierten mieten für eine bestimmte Zeit ein Zimmer in einem Wohnungsbordell zu über­höhten Untermietpreisen. Diese Verschiebung in den privaten Raum hat das Leben von Prostituierten nicht sicherer gemacht. Neu hinzu kommt ein Trend, bei welchem Airbnb-Wohnungen für noch kür­zere Zeit von Prostituierten gemietet werden.

Es liegt auf der Hand, dass durch diese undurchsichtige Praxis die Arbeit für Amts- und Beratungs­stellen schwierig geworden ist. Diese wissen oftmals nicht, in welchen Wohnungen sich die, unter Um­ständen schutzbedürftigen Prostituierten, befinden. Diese Entwicklung trägt wiederum dazu bei, dass illegale Arbeitsstätten für die Prostituierten immer mehr zunehmen. Zuhälter und Menschenhändler befinden sich in einem vermeintlich rechtsfreien Raum.

Diese Entwicklung wird durch einen weiteren Katalysator vorangetrieben: Unsere Stadt hat einen, im Vergleich zu anderen Städten, hohen Leerwohnungsbestand mit billigem Wohnraum. Dies spricht sich im Rotlichtmilieu herum und zieht zusätzliche Wohnungsbordellbesitzer:innen in die Stadt. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der Wohnungsbordelle in der Stadt St. Gallen stark an­gestiegen ist. Man schätzt, dass sich die Hälfte aller Rotlichteinrichtungen des gesamten Kantons St.Gallen in der Kantonshauptstadt befindet. Damit ein Baugesuch für «Zweckänderung in Erotikbetrie­ben» umgangen werden kann, arbeiten oft nur eine oder zwei Prostituierte in den jeweiligen Woh­nungsbordellen.

Im Nebeneffekt wirkt sich diese Entwicklung negativ auf die Quartierentwicklungen aus und steht quer zur Liegenschafts- und Innenraumstrategie.

Die Bekämpfung von Menschenhandel kann nur in Zusammenarbeit mit den verschiedensten Playern in Angriff genommen werden. Zu diesen gehört die Stadt als bewilligende Behörde, die Justiz, die Amts- und Beratungsstellen und nicht zuletzt die Bevölkerung, welche Missstände meldet. Die Stadt St. Gallen verfügt über Möglichkeiten, dieser zunehmend besorgniserregenden Entwicklung entge­genzuwirken.

Die Stadt Rorschach zum Beispiel hat eine Ergänzung zum Zonenplan erlassen. Damit wurden die Nutzungen im Stadtzentrum eingeschränkt. Mit dieser Nutzungsbeschränkung bezweckte der Stadt­rat, dass das Zentrum von Rorschach vor Immissionen durch sexgewerbliche Nutzung geschützt ist.

Ich danke dem Stadtrat für die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Hat der Stadtrat die Übersicht, wie viele Wohnungsbordelle in St. Gallen vorhanden sind? (öffentlich zugängliche Bordelle ausgeschlossen und unabhängig davon, wie viele Prostitu­ierte in den einzelnen Wohnungen arbeiten)
  2. Wo sieht der Stadtrat Handlungsspielraum, dieser Entwicklung entgegenzuwirken? (zum Bei­spiel Präventionsarbeit in den Schulen, Öffentlichkeitsarbeit, Zusammenarbeit mit dem Kan­ton in Bezug auf die Arbeitsbewilligungspraxis)
  3. Kann sich der Stadtrat vorstellen, das Sexgewerbe nur noch in bestimmten Zonen zu bewilli­gen. Dies in Hinsicht, dass Beratungs- und Amtsstellen die Wohnungsbordelle besser finden, was wiederum die Sicherheit und den Schutz der Prostituierten erhöhen würde?

Geschäft im Stadtparlament

Artikel im St.Galler Tagblatt